Was macht eigentlich…
Marcus Hurst, DHB-Schiedsrichter der TSG Oberursel
Marcus Hurst (38) ist Bundesliga-Handballschiedsrichter mit Heimatverein TSG Oberursel. In Orschel durchlief er alle Jugendteams bis zu den Aktiven. Zusammen mit Mirko Krag, mit dem er seit 2008 ein Gespann bildet, gelang ihm in der Saison 2013/14 der Aufstieg in den A-Kader des Deutschen Handballbundes. Im Hauptberuf ist Marcus Wirtschaftsjurist und wohnt in Berlin.
Foto: © Kicker.de

Marcus, was ist aktuell deine Rolle in der Handball-Welt?
Mit meinem Gespann-Partner Mirko Krag (TuS Nieder-Eschbach) bin ich als Schiedsrichter seit 2014 deutschlandweit unterwegs. Wir pfeifen überwiegend Spiele der 1. oder 2. Bundesliga Herren und 1. Bundesliga Damen.
Deine Handballkarriere startete in Oberursel.
Genau in Orschel habe ich alle Mannschaften durchlaufen, von den Minis bis zu den Aktiven Herren, mit 26 Jahren habe ich dann in der 2. Herren-Mannschaft aufgehört.
Was hat dich gereizt, vom Spieler zum Schiedsrichter zu wechseln?
Wir sind 2012 in den Bundesliga Kader des DHB aufgestiegen. Spätestens ab hier muss man sich entscheiden, ob man Spieler oder seine Zeit als Schiedsrichter investieren will.
Ihr seid jetzt Teil des Elitekaders. Wie seid ihr dahin gekommen?
Wie bei vielen anderen Tätigkeiten oder Berufen arbeitet man sich Stück für Stück nach oben. Wir sind 2007 in der hessischen Oberliga zusammen gestartet. Ein Jahr später ging es über den Nachwuchskader des südwestdeutschen Handballverbands in der Regionalliga weiter. In der Saison 2008 haben wir uns im Nachwuchskader für die neu gebildete 3. Liga qualifiziert. Dann ging es über den Standardkader immer weiter, bis wir 2017 in den Elitekader aufgenommen wurden.
Wie wurdest du auf dem Weg zum Bundesligaschiedsrichter unterstützt?
Ab der Oberliga startete damals ein Mentorenprogramm, welches uns ganz viel gebracht hat, insbesondere in der Vor- und Nachbereitung von Spielen. Diese Mentoren begleiten einen für eine längere Zeit und sehen so Entwicklungen viel besser.
Neben dem Mentorenprogramm wird man auch regelmäßig von Coaches während eines Spiels beobachtet. Hier liegt der Fokus des Feedbacks mehr auf der aktuellen Spielleitung. Die Feedbacks helfen einem, seine Schwächen zu identifizieren und mit den Hilfestellungen des Coaches daran zu arbeiten. Als mittlerweile recht etabliertes Gespann sind wir heute selbst auch Mentoren und geben unser Wissen, unsere Erfahrung natürlich auch gerne weiter.
Auf dem Spielfeld kann es manchmal recht hitzig zu. Nicht alle Schiedsrichter-Entscheidungen werden von allen Spielern oder auch den Zuschauern – vorsichtig ausgedrückt – positiv aufgenommen. Wie wurdet ihr auf diese Situationen vorbereitet.
Das Thema Kommunikation, das „Verkaufen“ der Entscheidung spielt in der Ausbildung eine wichtige Rolle. Beispielsweise wurde mit uns im Rahmen eines A-Jugend-Turniers an diesem Schwerpunktthema gearbeitet. Da bekommen Nachwuchs-Schiedsrichter wichtige Hinweise und Impulse zu den sogenannten Soft Skills, also Körpersprache und Kommunikation.
Gibt es bei Euch auch noch etwas, was ihr erreichen wollte, wie so ein weiterer Karriereschritt? Oder seid ihr aktuell am Limit?
Am Limit ist man nie, das muss man ganz klar sagen. Es gibt jedes Jahr viele Ziele, die man als Schiedsrichter erreichen will. Die beiden Final Four der Männer und Frauen um den deutschen Handballpokal sind das Größte, was man erreichen kann – zweimal durften wir dort auch schon pfeifen. Seit letzter Saison gibt es in der Frauen-Bundesliga wieder nach der regulären Saison Play-Off Spiele. Wir durften letztes Jahr zwei Halbfinalspiele leiten. Diese Spiele haben einen besonderen Charakter und sind von der Stimmung und Intensität eine besondere Erfahrung für uns als Schiedsrichter. Hier eines der Finalspiele leiten zu dürfen, wäre auch eine große Ehre und Bestätigung für eine konstant gute Leistung über mehrere Jahre.
Auf der anderen Seite haben wir an uns den Anspruch und das Ziel, bei jedem Spiel eine verlässliche Leistung zu zeigen. Also eine Leistung, die unserem persönlichen Anspruch gerecht wird. Wir werden es niemals schaffen, ein fehlerfreies Spiel abzuliefern, aber alle Mannschaften haben an uns die Erwartung, dass wir verlässliche Entscheidungen treffen.
Fehler passieren. Wie geht ihr damit um?
Fehlentscheidungen beschäftigen mich vielleicht ein bis zwei Wochen, aber dann ist auch gut. Wenn ein Fehler passiert, gehen wir nach dem Spiel in die Analyse. Da geht es nicht mehr um den Fehler an sich, sondern wie es dazu kam. Unsere Entscheidungen basieren darauf, was wir sehen und wahrnehmen. Vielleicht hatten wir nicht alle Informationen, weil wir nicht optimal standen? Wir hatten vielleicht eine stressige Anreise und waren nicht ganz konzentriert? Das versuchen wir zu verstehen und im nächsten Spiel besser zu machen.
Wie bereitest du dich auf die Spiele vor?
Wir beschäftigen uns mit dem taktischen Verhalten, zum Beispiel mit den Auftakthandlungen der beiden Mannschaften, um Abläufe im Angriff besser antizipieren zu können, was passieren wird – also wo geht der zweite oder dritte Pass normalerweise hin – damit wir darauf basierend unser Stellungsspiel bestmöglich umsetzen können und anzupassen.
Wichtig ist für uns, welche taktischen Maßnahmen uns im Angriff und in der Abwehr erwarten – wann nimmt die Deckung zum Beispiel die halben Rückraumspieler raus, spielen sie offensiver oder defensiver, wie verschieben sie – solche Situationen zu sehen sind für uns wichtig vorm Spiel anzuschauen.
Noch eine Tempo Runde zum Abschluss.
Krafttraining oder Ausdauer? Kraft
Beach oder Rasen? Rasen
Klarer Sieg oder spannend bis zum Schluss? Spannend bis zum Schluss
Hast du ein Ritual vorm Spiel? Nicht wirklich, aber unsere Vorbereitung fängt immer 1 Stunde vorher an
Lieber Handball WM oder Handball EM schauen? Egal
Lieber Halle oder vorm TV schauen? Ganz klar die Halle, ich liebe den Moment, mag es auch nicht, Wiederholungen zu schauen.